Restwert – Die zentrale Kalkulationsgröße

Autor: Dr. Michael Kroll (Geschäftsführer, LeaSoft GmbH / Richtig-Leasen.de)

 

 

Der so genannte „Restwert“ spielt in der Leasingkalkulation eine sehr zentrale Rolle.

 

Was ist ein Restwert?

Als Restwert bezeichnet man in der Leasingkalkulation den Wert, auf den ein Leasingnehmer die Anschaffungskosten über seine Leasingraten herab tilgt (zurückbezahlt, amortisiert). Ein Beispiel:

Anschaffungswert: 100.000 EUR
Abschreibungsdauer: 60 Monate
Grundmietzeit: 54 Monate
Restwert am Ende: 20.000 EUR (20 % der Anschaffungskosten)

Der Leasingnehmer bezahlt die Investitionskosten über seine Leasingraten während der Vertragslaufzeit (Grundmietzeit) nicht vollständig, sondern nur zu 80 Prozent. Den verbleibenden Rest von 20 Prozent (= Restwert) muss der Leasinggeber anders amortisieren, z.B. über

  • den Verkaufserlös aus einer Veräußerung des Objektes an einen Dritten nach Rückgabe zum Vertragsende,
  • durch einen Verkauf an den Leasingnehmer zum Restwert oder auch
  • durch Ausgleichszahlungen vom Leasingnehmer (Restwertgarantien etc.) oder von Dritten.

 

Restwert und Restbuchwert (Buchwert)

Häufig werden diese beiden Begriffe in der Praxis miteinander verwechselt. Der Restwert ist ein rein kalkulatorischer Begriff der Leasingkalkulation. Der Restbuchwert (auch Buchwert genannt) ist hingegen der Bilanzwert nach Abschreibung. Es ist natürlich jederzeit möglich, als Restwert den Restbuchwert zu nehmen. Aber in vielen Fällen der Praxis richtet sich der Restwert der Leasingkalkulation nicht nach dem steuerlichen Restbuchwert sondern eher nach dem voraussichtlichen Marktwert zum Vertragsende.

 

Wie hoch sollte ein Restwert sein?

Es gibt keinerlei Vorschriften, z.B. in den Leasingerlassen, wie hoch ein Restwert sein muss bzw. darf. Aus steuerrechtlichen Gründen empfiehlt sich aber bei Teilamortisationsverträgen eine Orientierung am voraussichtlichen Marktwert zum Vertragsende, vor allem um die steuerliche Bilanzierung beim Leasinggeber nicht zu gefährden (hierzu mehr im Blog Bilanzierung und Recht).

Wird als Restwert Null genommen, so handelt es sich um einen Vollamortisationsvertrag. Hier tilgt der Leasingnehmer 100 Prozent der Anschaffungskosten über seine Leasingraten. Für Vollamortisationsverträge gibt es besondere steuerrechtliche Vorschriften, die in den Blogs Vielfältige Möglichkeiten der Vertragsgestaltung sowie Bilanzierung und Recht näher vorgestellt werden.

Es ist durchaus denkbar, dass verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Restwerten kalkulieren, z.B. weil sie aufgrund abweichender Verwertungsmöglichkeiten unterschiedliche Marktpreise erzielen können oder anderweitige Absicherungsmöglichkeiten haben (z.B. Rücknahmeabkommen mit Herstellern/Händlern, Versicherung des Restwertrisikos). Auch unterschiedliche Objektqualitäten oder auch die Wahl unterschiedlicher Leasingvertragstypen können abweichende Restwerte zur Folge haben.

 

Welche Folgen hat der Restwert für einen Leasingnehmer?

Aus dem Restwert bzw. dessen Höhe können für einen Leasingnehmer durchaus unterschiedliche Kosten zum Vertragsende resultieren. Dies hängt zum einen vom gewählten Vertrag ab, in manchen Fällen aber auch ein bisschen von der Seriosität des Anbieters.

Zunächst einmal gilt: Je höher der Restwert ist, umso günstiger fällt die Leasingrate aus. Bei einem Restwert von 20 Prozent bezahlt ein Leasingnehmer über seine Leasingraten 80 Prozent für das Objekt (zzgl. Zinsen und Marge). Bei einem Restwert von 30 Prozent entsprechen die Tilgungsanteile seiner Leasingrate nur 70 Prozent des Objektwertes.

 

Leasingvertrag mit offenem Restwert

Bei diesem Vertragstyp, zu dem auch der weit verbreitete Kilometer-Leasingvertrag gehört, gibt der Leasingnehmer das Objekt zum Vertragsende einfach zurück. Hier spart er bei einem hohen Restwert natürlich aufgrund der niedrigeren Leasingraten zunächst einmal Geld. Auf der anderen Seite sollte ein Leasingnehmer schon hinterfragen, warum ein bestimmter Leasinggeber im konkreten Praxisfall mit höheren Restwerten arbeiten kann als ein anderer. Dies kann natürlich begründet sein, z.B. wenn ein Leasinggeber bessere Verwertungsmöglichkeiten hat als ein anderer.

Es könnte natürlich aber auch sein, dass ein Leasinggeber seinen Restwert bewusst überhöht ansetzt um günstigere Leasingraten anbieten zu können. Nachdem aber auch dieser Leasinggeber nach Vertragsende auf eine volle Amortisation seiner Investitionskosten angewiesen ist, hat er bei der Verwertung ein Problem, wenn der Marktwert unter dem Restwert liegt. Nun besteht die Gefahr für den Leasingnehmer, dass der Leasinggeber eventuell versucht, diese Lücke über weitere Zahlungsverpflichtungen des Leasingnehmers zu schließen, z.B. durch eine überhöhte Ausgleichszahlung für eine überdurchschnittliche Nutzung oder eine außerordentliche Wertminderung (z.B. Kratzer, Beschädigungen, Beeinträchtigungen). Hier kann der Leasinggeber dann eventuell nicht mehr so kulant sein wie vielleicht ein Anbieter, der seinen Restwert vorsichtiger angesetzt hat.

Gerade in diesem Punkt der Erstattung außerordentlicher Wertminderungsschäden kommt es in der Praxis immer wieder zum Streit (vgl. hierzu und zu diesem Vertragstyp vertiefende Informationen im Blog Vielfältige Möglichkeiten der Vertragsgestaltung bzw. Vertragsende: Kein Ende mit Schrecken!).

 

Teilamortisationsvertrag mit Andienungsrecht des Leasinggebers

Bei dieser Vertragsvariante kann ein Leasinggeber den Leasingnehmer zum Vertragsende zwingen das Objekt zum vereinbarten Restwert zu kaufen. Je höher der Restwert ist umso höher fällt natürlich der dementsprechende Kaufpreis aus.

 

Teilamortisationsvertrag mit Aufteilung des Mehrerlöses (mit Mehr- und Mindererlösbeteiligung)

Hier gibt ein Leasingnehmer das Objekt am Vertragsende zurück. Anschließend wird es vom Leasinggeber verwertet. Liegt der Verkaufspreis unter dem Restwert, muss der Leasingnehmer die Differenz nachbezahlen. Liegt der Verkaufspreis über dem Restwert, so kann ein Leasingnehmer maximal 75 Prozent des Mehrerlöses erstattet bekommen. Auch hier hängen die Summen einer Mehrerlösbeteiligung bzw. Mindererlösnachzahlung somit unmittelbar von der Höhe des Restwertes ab.

 

Weitere Informationen

Weitere ausführliche Informationen zum Thema Vertragsgestaltung und Restwert finden Sie im Blog Vielfältige Möglichkeiten der Vertragsgestaltung.

Fazit: Jeder Leasingnehmer sollte genau hinterfragen, ob günstige Leasingraten vielleicht nur aus einem überhöhten Restwertansatz resultieren, die eventuell aber durch übersehene höhere Abschlussverpflichtungen zum Ende der Vertragslaufzeit teuer erkauft werden!