Leasingbilanzierung nach IFRS

Autor: Dr. Michael Kroll (Geschäftsführer, LeaSoft GmbH / Richtig-Leasen.de)

 

 

Die Leasingbilanzierung nach IFRS ist momentan ein sowohl in der Presse als auch in der Praxis viel diskutiertes Thema. Vor allem die neuen Bilanzierungsvorschriften, die ab 2019 verpflichtend sind, sorgten für einige Unruhe.

Was heißt jetzt aber „Leasingbilanzierung nach IFRS“, welche Vorschriften gibt es im Einzelnen und für wen sind diese Vorschriften überhaupt relevant?

 

Was ist IFRS?

IFRS kann man als eine Art „Welt-HGB“ verstehen. Nachdem die Kapitalmärkte mittlerweile weltumspannend sind, ist der Bedarf an einer weltweit einheitlichen handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschrift gestiegen. Und diese Vorschrift stellt IFRS dar, wobei IFRS für „International Financial Reporting Standards“ steht. Bis Mitte der 2000er Jahre hieß diese Vorschrift IAS (International Accounting Standards). Substanziell hat sich hier aber nichts verändert. Es erfolgte eine reine Umbenennung von IAS in IFRS.

 

Welche deutschen Unternehmen müssen nach IFRS bilanzieren?

Die Bilanzierungsvorschriften des IFRS treffen aufgrund einer EU-Vorschrift auch einige deutsche Unternehmen. Unternehmen, die in der EU am Kapitalmarkt notiert sind, müssen ihren Konzernabschluss nach den IFRS-Vorschriften aufstellen. Der Einzelabschluss ist weiterhin nach HGB auszurichten. Es liegt auf der Hand, dass kein Unternehmen Interesse hat, beispielsweise in seinem Einzelabschluss ein Leasingobjekt nicht in der Bilanz ausweisen zu müssen (nach den Regeln des HGB‘s bzw. des deutschen Steuerrechts), in der Konzernbilanz aber sehr wohl (zumindest nach den alten IFRS-Regeln nach IAS 17).

Gleichwohl wird die Bedeutung von IFRS in Deutschland überschätzt. Die Verpflichtung zum IFRS-Abschluss betrifft in Deutschland wirklich nur ganz wenige Unternehmen.

Die Masse der mittelständischen deutschen Unternehmen bleibt nach wie vor von diesen Regeln unberührt!

 

Welche Leasing-Bilanzierungsvorschriften enthält IFRS?

Zunächst einige Anmerkungen zu den bisher gültigen Bilanzierungsvorschriften nach IFRS, die in der Vorschrift des IAS 17 geregelt sind bzw. waren. Diese Bilanzierungsvorschriften für Leasingverträge unterscheiden sich in Teilen deutlich von den deutschen Vorschriften.

 

Bisherige Vorschrift des IAS 17

Damit ein Leasingobjekt nicht beim Leasingnehmer bilanziert werden muss, ist bzw. war es u.a. erforderlich, dass der Leasingnehmer die Investitionskosten nicht vollständig bezahlt (bezahlen darf) und er auch keine (vollständigen) Garantien für den Ausgleich von Restwerten, Mindererlösen etc. geben darf. Mit anderen Worten: Der Leasingnehmer darf nicht alles bezahlen und nicht für alles haften.

Wenn der Barwert der zukünftigen Leasingzahlungen und Garantien des Leasingnehmers „im wesentlichen“ dem Marktwert des Leasinggegenstandes entspricht so muss das Objekt vom Leasingnehmer bilanziert werden (ähnlich der Vorgehensweise bei einem Mietkaufvertrag). Bei der Definition von „im wesentlichen“ hat sich die Praxis allgemein an dem Grenzwert von 90 Prozent orientiert, der in den US-amerikanischen Leasing-Bilanzierungsvorschriften nach US GAAP festgelegt ist.

Insofern würden fast alle deutschen Leasingvertragstypen nach IAS 17 zu einer Bilanzierung beim Leasingnehmer führen. Die einzige Ausnahme stellt der Teilamortisationsvertrag mit offenem Restwert dar, wenn dieser Restwert barwertig mindestens 10 Prozent beträgt. Der Leasingnehmer darf also barwertig nicht 90 Prozent oder mehr des Objektwertes bezahlen bzw. garantieren (über Andienungsrechte, Wertminderungsbeteiligungen usw.), sofern man „im wesentlichen“ mit 90 Prozent und mehr definiert.

 

Neue Vorschrift des IFRS 16

2016 wurde die Vorschrift des IAS 17 ersetzt durch die neuen Bilanzierungsvorschriften nach IFRS 16, die ab dem 1.1.2019 anzuwenden sind. Man wollte damit eine höhere Aussagekraft in der Bilanz erreichen. Vielen war es ein „Dorn im Auge“, dass sich die Frage nach der Bilanzierungspflicht für ein Objekt stur nach der Einhaltung gewisser Grenzen richtet, z.B. der oben erwähnten 90 Prozent-Grenze – mit dem Ergebnis, dass ein Leasingnehmer nun „alles oder nichts“ in seiner Bilanz hat.

Deshalb führte man jetzt auch eine Bilanzierungspflicht für Leasingverträge ein. Künftig müssen Leasingnehmer immer bilanzieren – sei es das Objekt (ähnlich Mietkauf) oder alternativ beim „richtigen“ Leasing das Nutzungsrecht am Leasingobjekt. Dieses Nutzungsrecht beträgt bei einem Vollamortisationsvertrag 100 Prozent des Objektwertes, beim Teilamortisationsvertrag mit offenem Restwert 100 Prozent abzüglich der Höhe des Restwertes. In gleicher Höhe wie für das Nutzungsrecht stellt der Leasingnehmer auf seiner Passivseite eine Verbindlichkeit ein – für die Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten. Das Nutzungsrecht wird anschließend linear über die Grundmietzeit abgeschrieben.

 

Lohnt sich Leasing in Zukunft noch?

Durch den Wegfall der Bilanzneutralität aufgrund der neuen Bilanzierungsvorschriften nach IFRS 16 fällt ein zentraler Leasingvorteil der letzten Jahrzehnte weg, zumindest bei den Investoren, für die die Bilanzneutralität oberste Priorität hatte (und natürlich auch nur für diejenigen, die nach IFRS bilanzieren müssen). In der Praxis sind es vor allem die sehr großen Unternehmen und auch die internationalen Konzerne, für die die Bilanzneutralität in der Vergangenheit häufig mit das wichtigste Leasingmotiv war.

In der Praxis zeigt sich allerdings, dass über alle Investorengruppen hinweg das Argument Bilanzneutralität in den letzten Jahren sehr stark an Bedeutung verloren hat. Es sind vielmehr eine Reihe an anderen Argumenten, die mittlerweile den Ausschlag für Leasing geben. In unserem Blog Leasingmotive und Vorteile finden Sie hierzu ausführliche Informationen.

Wir arbeiten zur Zeit an einem ausführlichen Special zur Leasingbilanzierung nach IFRS 16. Hier finden Sie weitere ausführliche Informationen, vor allem auch detailliertere Ausführungen zu den neuen Leasingbilanzierungsvorschriften des IFRS 16.