Autor: Dr. Michael Kroll (Geschäftsführer, LeaSoft GmbH / Richtig-Leasen.de)
Leasing war von Beginn an schon immer eng mit der Frage der Bilanzierung verknüpft. So hat man im Rahmen der Vertragsgestaltung von Anfang an vor allem darauf geachtet, dass der Leasingnehmer das Leasingobjekt nicht in seiner Bilanz ausweisen muss. Stattdessen kann er die Leasingraten als Mietaufwand in seiner Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Einnahmenüberschussrechnung geltend machen. Bei der Vertragsgestaltung gab und gibt es aber schon immer schon Grenzfälle, bei denen die Finanzverwaltung die Auffassung vertritt, dass kein Mietvertrag mehr vorliegt sondern eher ein verdecktes Finanzierungsgeschäft, und somit eine Bilanzierung des Objektes beim Leasingnehmer verlangt (analog eines Mietkaufvertrags).
Nachfolgend sollen die bilanziellen und rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit Leasing etwas genauer dargestellt werden. Dabei werden zunächst einige rechtliche Abgrenzungen vorgenommen.
Leasing im Zivilrecht
Das Zivilrecht (auch bürgerliches Recht genannt) ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es enthält u.a. Vorschriften zu
- rechtlichen Vertragsbeziehungen,
- wie man Eigentum an einer Sache erwerben kann oder auch
- welche Rechte und Pflichten im Rahmen eines Mietvertrags auf Mieter und Vermieter zukommen.
Der Leasingvertrag als Vertragstext incl. seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist beispielsweise ein zivilrechtlicher Vertrag. Werden in einem Leasingvertrag bestimmte Sachverhalte nicht ausdrücklich geregelt, greifen die Bestimmungen des BGB. Nachdem das BGB kein eigenes Kapitel „Leasing“ enthält, sind bei Leasingverträgen im Zivilrecht die Bestimmungen zur Miete anzuwenden, die sich in den §§ 535 ff. im BGB finden.
Zivilrechtlich gesehen ist ein Leasingvertrag somit als Mietvertrag zu sehen. Der zivilrechtliche Eigentümer des Objektes ist dabei immer die Leasinggesellschaft.
Leasing im Steuerrecht (Bilanzierung)
Während das Zivilrecht vor allem vertragliche Beziehungen regelt, hat das Steuerrecht eine andere Intuition. Es enthält vor allem Vorschriften zur Gewinnberechnung eines Unternehmers, damit dieser „gerecht, entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“ besteuert wird. Das Steuerrecht besteht dabei aus einer Vielzahl an Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Richtlinien.
Das Steuerrecht enthält – wie das Zivilrecht auch – einen Eigentumsbegriff, das so genannte „wirtschaftliche Eigentum“. Der wirtschaftliche Eigentümer ist derjenige, der ein Investitionsobjekt bilanziert und abschreibt. Dabei gilt der Grundsatz, dass der zivilrechtliche Eigentümer auch der wirtschaftliche Eigentümer ist. Das wäre im Leasing also grundsätzlich die Leasinggesellschaft. Jetzt gibt es aber Ausnahmen, für die die Finanzverwaltung Regeln aufgestellt hat. Diese müssen beim Leasing zwingend eingehalten werden, damit eine (unerwünschte) Bilanzierung beim Leasingnehmer vermieden werden kann.
Nachfolgend werden die einzelnen Bilanzierungsvorschriften im Zusammenhang mit Leasing im Detail angesprochen. Sie stellen die Grundlage dafür dar, was „im Leasing geht und was nicht“. Für interessierte Leasingnehmer sind dies sicherlich wertvolle Hinweise.
Leasingnehmer, die sich nicht weiter mit den steuerrechtlichen Vorschriften zur Bilanzierung befassen möchten, müssen die nachfoelden Ausführungen nicht unbedingt lesen und verstehen. Sie können hier regelmäßig auf die Fachkompetenz ihres Leasinganbieters vertrauen, der seine Verträge im Normalfall mit seinen Finanzbehörden hinsichtlich der Bilanzierungsfrage abgestimmt hat.
Leasing im Handelsrecht (HGB, IFRS, US GAAP)
Während das Steuerrecht den Anspruch erhebt, Regeln für eine gerechte Besteuerung aufzustellen, hat das Handelsrecht einen anderen Anspruch. Das Handelsrecht dient dem Gläubigerschutz. Es stellt somit Regeln auf, anhand derer Kaufleute untereinander ein möglichst wahres Bild von den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Anderen erkennen können. Während das Steuerrecht politisch motiviert sein kann (z.B. durch Schaffung von Steuervorteilen (Sonderabschreibungen) als Investitionsanreiz) möchte das Handelsrecht eher die wahren Verhältnisse darstellen.
Leasingbilanzierung nach HGB
Das Handelsrecht ist in Deutschland geregelt im Handelsgesetzbuch (HGB). Auch im Handelsrecht wird eine Bilanz erstellt, so dass sich die Bilanzierungsfrage beim Leasing hier genauso stellt wie im Steuerrecht. Allerdings enthält das HGB keine expliziten Vorschriften für die Bilanzierung von Leasingverträgen. Dies führt dazu, dass die steuerlichen Bilanzierungsvorschriften auch für das deutsche Handelsrecht übernommen werden. Insofern müssen aus handelsrechtlicher Sicht keine weiteren Überlegungen angestellt werden.
Während das nationale Handelsrecht hinsichtlich der Bilanzierungsfrage somit keine Probleme aufwirft, ist dies im internationalen Handelsrecht ganz anders. Und diese internationalen Regeln sind auch für immer mehr deutsche Unternehmen von Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind in den letzten Jahren zwei zentrale Bestimmungen in den Vordergrund getreten:
- US GAAP
- IFRS (früher IAS genannt)
Leasingbilanzierung nach US GAAP
US GAAP enthält die Bilanzierungsvorschriften für Unternehmen, die in den USA am Kapitalmarkt notiert sind. Die in den US GAAP aufgeführten Bilanzierungsvorschriften für Leasing sind für viele andere Bilanzierungsvorschriften zum Vorbild geworden, vor allem auch für IFRS. Dabei unterscheiden sich die Bilanzierungsvorschriften für Leasingverträge deutlich von den deutschen Vorschriften. Damit ein Leasingobjekt nicht beim Leasingnehmer bilanziert wird ist es u.a. erforderlich, dass der Leasingnehmer die Investitionskosten nicht vollständig bezahlt (bezahlen darf) und er auch keine Garantien für den Ausgleich von Restwerten, Mindererlösen etc. gibt. Mit anderen Worten: Der Leasingnehmer darf nicht alles bezahlen und nicht für alles haften. Insofern würden fast alle deutschen Leasingverträge nach US GAAP zu einer Bilanzierung beim Leasingnehmer führen.
Die einzige Ausnahme stellt der Teilamortisationsvertrag mit offenem Restwert dar, wenn dieser Restwert barwertig mindestens 10 Prozent beträgt. Der Leasingnehmer darf also barwertig nicht 90 Prozent oder mehr des Objektwertes bezahlen bzw. garantieren (über Andienungsrechte, Wertminderungsbeteiligungen usw.), sofern man „im wesentlichen“ mit 90 Prozent und mehr definiert.
Leasingbilanzierung nach IFRS
Bei der Leasingbilanzierung nach IFRS (zurzeit noch nach dem Paragraphen IAS 17) ist die Vorschrift ähnlich. Nur ist der Wert von 90 Prozent nicht exakt vorgeschrieben. Bei IFRS heißt es, dass der Leasingnehmer das Objekt dann bilanzieren muss, wenn der Barwert der Leasingzahlungen und seiner Garantien „im wesentlichen“ dem Marktwert entspricht. In der Praxis hat sich aber vielfach durchgesetzt auch hier die 90 Prozent als Grenze zu nehmen.
Was ist IFRS? IFRS kann man als eine Art „Welt-HGB“ verstehen. Nachdem die Kapitalmärkte mittlerweile weltumspannend sind, ist der Bedarf an einer weltweit einheitlichen Bilanzierungsvorschrift gestiegen. Und diese Vorschrift stellt IFRS dar (International Financial Reporting Standards). Früher hieß diese Vorschrift IAS (International Accounting Standards). Substanziell hat sich hier aber nichts verändert. Es erfolgte in den 2000er Jahren eine reine Umbenennung.
Die Bilanzierungsvorschriften des IFRS treffen aufgrund einer EU-Vorschrift auch einige deutsche Unternehmen. Unternehmen, die in der EU am Kapitalmarkt notiert sind müssen ihren Konzernabschluss nach den IFRS-Vorschriften aufstellen. Der Einzelabschluss ist weiterhin nach HGB auszurichten. Es liegt auf der Hand, dass kein Unternehmen Interesse hat, beispielsweise in seinem Einzelabschluss ein Leasingobjekt nicht in der Bilanz ausweisen zu müssen (nach den Regeln des HGB‘s bzw. des deutschen Steuerrechts), in der Konzernbilanz aber sehr wohl (zumindest nach den alten IFRS-Regeln des IAS 17).
Gleichwohl wird die Bedeutung von IFRS in Deutschland überschätzt. Die Verpflichtung zum IFRS-Abschluss betrifft in Deutschland wirklich nur ganz wenige Unternehmen. Die Masse der mittelständischen Unternehmen bleibt nach wie vor von diesen Regeln unberührt.
Komplettiert wird die Verwirrung jetzt noch dadurch, dass im Januar 2016 völlig neue Bilanzierungsvorschriften für Leasing nach IFRS veröffentlicht wurden (IFRS 16), die ab dem 1.1.2019 anzuwenden sind. Künftig müssen Leasingnehmer immer bilanzieren – sei es das Objekt (ähnlich Mietkauf) oder alternativ beim „reinen“ Leasing das Nutzungsrecht am Leasingobjekt. Diese neuen Vorschriften waren lange sehr umstritten und werfen teilweise mehr neue Fragen auf als dass sie Antworten geben. Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung in der Praxis von statten gehen wird.
Ausführlichere Informationen zur internationalen Leasingbilanzierung finden Sie im Blog Leasingbilanzierung nach IFRS.